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Sündenpfuhl Sommernachtsfest Bayreuth?

BAYREUTH (dco)- Das Geschlecht spielt überhaupt keine Rolle. Die Herkunft ist egal. In allen Epochen kann man Menschen beobachten, die ausgiebig feiern. Und das obwohl oder vielleicht gerade weil die Kulisse der Weltbühne in den vergangenen Jahrhunderten viel bedrohlicher wirkte, geschweige denn täglich schwerwiegender in das Leben der Menschen eingriff, als die singulären Krisen und Herausforderungen, vor denen wir gerade stehen. Das beste Beispiel ist das Sommernachtsfest in Bayreuth.

Atempause nach 50-jährigem Jubiläum

In der Hauptstadt Oberfrankens wird immer zwischen dem letzten Juli und dem ersten August Wochenende (nur Samstags) das Sommernachtsfest gefeiert. Location hierfür ist die Eremitage, die barocke 52ha große Gartenanlage in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadtteil Sankt Johannis. Mit dem Sonnentempel, Wasserspielen und dicht bewachsenen Laubengängen wie geschaffen für ein gepflegtes Fest an einem lauen Sommerabend. Nun pausiert das Fest aber aufgrund der Coronakrise für ein Jahr. 2021 hofft die BAYREUTH Marketing- & Tourismus GmbH die Veranstaltung wieder in gewohntem Umfang anbieten zu können. Gewohnter Umfang soll heißen:

  • Vier Bühnen mit Live-Musik (von Galamusik bishin zu Rock und Pop)
  • Tickets im Vorverkauf und an der Abendkasse
  • Große kulinarische Vielfalt (Buffet am alten Schloss, zahlreiche Imbiss- & Ausschankstellen)
  • Großes Brillantfeuerwerk zum Abschluss um 23 Uhr

Die Vorfreude jedenfalls steigt jetzt schon. Und mit ihr auch ein wenig Erleichterung, dass mit dem von der bayrischen Landesregierung verhängten Verbot von Großveranstaltungen bis 31.10.2020 nicht die Jubiläumsausgabe des Sommernachtsfestes betroffen war. Die durfte man zum Glück schon ein Jahr zuvor ganz unbeschwert feiern. Gäste, die im >ahr 1969 geboren waren, durften sogar gegen Vorlage eiens Ausweises das Jubiläum umsonst besuchen. Einziger Wermutstropfen damals: Wegen der trockenen Witterung musste das Feuerwerk abgesagt werden, eine Feuershow diente als Ersatz.

Tollkühne Spiele im Garten der Lust?

In der modernen Fassung des Sommernachtsfestes (seit 1969) geht es gesittet zu. Mit den festlich weiß geschmückten Tischen rund um das Wasserbecken „Obere Grotte“ vor dem Sonnentempel, der stimmungsvoll eingesetzten Beleuchtung auf dem Gelände und dre Seebühne erleben wir hier ein Fest für alle Altersklassen mit einem einzigartigen Flair. Angenehme Gesellschaft eben, die sich hier nicht wie in manch anderen Partylocations in ungehemmten Alkholexzessen bahnbricht und so das Andenken an die würdevollen Vorfahren dieses Spektakels erhält. Moment mal, würdevolle Vorfahren? Wer im Stadtarchiv on Bayreuth wandelt, bekommt ein ganz anderes Bild voin den historischen „Sommernachtsfesten unter Markgraf Georg Wilhelm (1712-1726).

Von Rennen nach der Jungfer ist da beispielsweise die Rede. Junge Mädchen, die sich gegenseitig selbst gepflochtene Kränze aus Draht vom Kopf reißen mussten. Im Eifer des Gefechts landeten sie schon mal im Wasser und wurden von den Fontänen so nassgespritzt, dass sie sich die Kleider vom Leib rissen. Dieses Schauspiel erregte den Markgrafen sehr und bereite ihm sichtlich Freude. Auch die Bauernsöhne durften ihre Männlichkeit in einem Wettkampüf, dem sogenannten Lanzenstechen, unter Beweis stellen. Hoch zu Roß und ohne Sattel mussten die Kerle versuchen einen Ring mit einer Lanze aufzuspießen. Gelang es ihnen, wurden sie reichlich belohnt (mit Beuteln voller Geld oder einem kostbaren Bockfell). Versagten sie, wurdens ie mit einem Kübel Wasser übergossen.

Diese „Kirchweihen“ waren zur damaligen Zeit noch auf eine realtiv kleine Fläche begrenzt. Neues Schloss, Römisches Theater und Untere Grotte wurden erst viel später von Markgräfin Wilhelmine errichtet.

Dem ein oder anderen Besucher würden solche Spiele vermutlich auch in der heutigen Zeit noch gefallen, aber wir bleiben doch lieber bei unserem klassischen Sommernachtsfest in Bayreuth.

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